3 Römische Steindenkmäler auf dem Gebiet des MUNICIPIUM IUVAVUM

Broschüre:
Das Territorium von IUVAVUM (C. Uhlir & K. Schaller, 2007)
Das Territorium von IUVAVUM (C. Uhlir & K. Schaller, 2007)

Der Römerstein ist in unseren Breiten ein Leitfossil der Römerzeit. Die Pauschalbezeichnung für steinerne Architekturteile, Reliefs, Statuen, Inschriften konnte nur dort entstehen, wo es vor der römischen Herrschaft und dann wieder einige Jahrhunderte nach deren Ende derartiges überhaupt nicht gab, so dass Funde von großen bearbeiteten Steinen gleich als „heidnische Bildwerke“ erkannt und auf die alten Römer zurückgeführt werden konnten.

Statue des Asklepius © Salzburg Museum, Foto O. Harl (2004)
Statue des Asklepius © O. Harl 2004

Der Römerstein als solcher

Der Stein als solcher ist in unseren Breiten ein Leitfossil der Römerzeit. Die Pauschal-bezeichnung für steinerne Architekturteile, Reliefs, Statuen und Inschriften konnte nur dort entstehen, wo es vor der römischen Herrschaft und dann wieder einige Jahr-hunderte nach deren Ende derartiges überhaupt nicht gab, so dass Funde von großen bearbeiteten Steinen gleich als „heidnische Bildwerke“ erkannt und auf die alten Römer zurückgeführt werden konnten.

Portraitstele des Peregrinus © Salzburg Museum, Foto O. Harl 2004
Portraitstele des Peregrinus © O. Harl 2004

Welche Arten von römischen Steindenkmälern es auf dem Gebiet von IUVAVUM gab und was uns davon erhalten blieb

Zu den ersten Aufgaben der römischen Verwaltung in einer „unzivilisierten“ Provinz wie NORICUM gehörte die Erschließung von Steinbrüchen. Sobald Siedlungen das römische Stadtrecht erhielten oder neue Städte gegründet wurden, benötigte man Steine, um öffentliche Bauten (Forum, Tempel, Versammlungsräume, Markthallen, Bäder, Theater etc.) errichten zu können.

Auch die privaten Bauten der Oberschicht wurden mit steinernen Architekturteilen und Skulpturen ausgestattet – in Salzburg haben sich nur einige Säulen- und Gebälkfragmente erhalten. Die Götterbilder, angefangen mit denen der kapitolinischen Trias Jupiter, Juno und Minerva, in den Tempeln, die vielen Statuen von Kaisern und städtischen Honoratioren auf dem Forum – all das ist verloren.

Grabinschrift des Saxsio - Titulus © Salzburg Museum, Foto O. Harl 2004
Grabinschrift des Saxsio – Titulus © O. Harl 2004

Die bronzenen Kaiserstatuen waren ihres Materials wegen schon in der Antike gefährdet; die als Baumaterial schlecht geeigneten steinernen Götterbilder und Ehrenstatuen wurden später meist in Kalköfen entsorgt. Überlebenschancen hatten nur praktikable Steinblöcke wie Statuensockel; ein solcher hat sich in Salzburg erhalten. Außerdem gibt es noch zahlreiche Altäre, sie wurden von Einzelpersonen einer Gottheit gestiftet. Außer einem großen Opferaltar vor jedem Tempel gab es viele kleinere Altäre, die für erwiesene oder erhoffte Hilfe der Götter aufgestellt wurden. Sie trugen meist knapp formulierte Inschriften mit den Namen der Gottheit und des Stifters, der Anlass der Weihung wird selten genannt. Diese Votivaltäre standen in großer Zahl in den Tempelbezirken, aber auch in kleineren Heiligtümern in städtischen Quartieren, Villen und Gutshöfen. Als Opfergaben wurden auf ihnen Harzkörner verbrannt oder Früchte geboten. Manche Votivaltäre wurden auch von Amts wegen gestiftet. Am Chiemsee weihten z.B. jährlich die zwei amtierenden Bürgermeister von IUVAVUM einer lokalen Gottheit einen Altar und erfolgreiche Militärs errichteten Altäre für die Siegesgöttin Victoria. Bei Straßenstationen gab es eigene Heiligtümer, in denen jeder der dort zur Verkehrsüberwachung eingesetzten Soldaten nach dem Ende seines Dienstes einen Altar – meist für den obersten Reichsgott Jupiter – aufstellte.

Es sind nur wenige Götter, die auf den im Gebiet von IUVAVUM gefundenen Votivaltären angerufen werden. Neben Jupiter und dem einheimischen Gott Bedaius kommen nur Hercules und Victoria mehr als einmal vor; daneben reihen sich die für die Gesundheit zuständigen Gottheiten Apollon, die Nymphen und Asklepios. Von letzterem wurden Fundamente seines Tempels in Salzburg aufgedeckt. Außerdem Fortuna und der persische Lichtgott Mithras. Durch eine verschollene Inschrift kennen wir auch einen Tempel des Mercur. Er wurde als Gott der Händler in einer Stadt, die vom transalpinen Handel profitierte, sicher sehr verehrt.

Fragment eines Grabaltars © O. und F. Harl, Foto O. Harl 2002
Fragment eines Grabaltars © O. Harl 2002

Die größte und in jeder Hinsicht aussagekräftgste Gruppe von Römersteinen sind auch im Salzburgischen die Grabsteine. Die Sitte, steinerne Grabmäler zu errichten, wurde in den nördlichen Provinzen vom römischen Militär verbreitet. Ab dem späteren 1. Jahrhundert n. Chr. war sie in NORICUM auch bei der einheimischen Bevölkerung in allen Gesellschaftsschichten üblich.
Die einfachste Form des Grabsteins ist der so genannte Titulus, eine schmucklose Inschrifttafel. Sie nennt Namen, Alter und Familienverhältnisse der Verstorbenen. Meist erfährt man auch, wer den Grabstein machen ließ. Diese kleineren Tafeln stammen wohl in der Mehrzahl von Hügelgräbern, über deren Eingang sie angebracht waren.

Aschenkiste der Frau des Maurus © O. und F. Harl, Foto O. Harl 2002
Aschenkiste der Frau des Maurus © O. Harl 2002

Diese Bestattungsform aus der vorrömischen Zeit wurde von der ländlichen Bevölkerung weiter gepflegt. Nach römischer Sitte angelegte Friedhöfe säumten die wichtigen Ausfallstraßen der Stadt. Kleinere Familiengrabbezirke lagen bei Villen und Gutshöfen. Die Oberschicht – der romanisierte norische Adel und zugezogene italische Händlerfamilien – errichtete repräsentative Grabbauten, in deren Unter-geschoss die Aschenurnen aufbewahrt wurden. Von solchen Mausoleen sind meist nur einzelne Reliefblöcke, aber auch große Inschriftplatten erhalten. Aus letzteren erfahren wir einiges über die tonangebenden Familien IUVAVUMS. Diskret sind sie allerdings bezüglich der Quellen ihres Reichtums, der sich nicht nur aus ihren Grabmälern, sondern auch aus ihren Villenanlagen und ihren Ehrenämtern erschließen lässt. Letztere verpflichtet sie zu immensen Ausgaben für ihre Stadt. Zu diesen Familien gehörten auch Freigelassene (liberti) und Sklaven (servi), die es, wie ihre Grabsteine erkennen lassen, zu eigenem Vermögen bringen konnten.

Die übliche Grabmalform der Mittelschicht von IUVAVUM war der Grabaltar; er wurde sicher nicht für Opfer am Grab verwendet, sondern wird wegen seines altarförmigen Mittelteils so genannt. Auf ihm steht die Inschrift; außerdem trägt er meist eine dachförmige Bekrönung. Die in anderen Gegenden sehr gebräuchlichen Grabstelen, die heutigen Grabsteinen ähneln, sind dagegen um Salzburg auffallend selten. Das ist insofern bedauerlich, als sich auf römischen Grabstelen die Verstorbenen gern abbilden ließen. Auch die im südlichen NORICUM häufigen Portraitnischen von Grabbauten, in denen oft die Büsten ganzer Familien aufgereiht erscheinen, haben sich in IUVAVUM nicht erhalten. Ein schwacher Ersatz dafür sind die hier beliebten so genannten Aschenkisten. Dies sind steinerne Kisten, in denen die Urnen der Verstorbenen verwahrt wurden. Aschenkisten standen öffentlich sichtbar auf den Friedhöfen. Sie trugen eine Grabinschrift und waren meist mit dachförmigen Deckeln verschlossen; an ihnen konnten Portraitreliefs angebracht sein. Dieses preisgünstige Grabmal wählten Familien mit niedrigem Status. Angemerkt sei, dass die auf Aschenkisten angebrachten Portraits meist den Charme von Kinderzeichnungen haben.

Votivaltar mit Konsuldatierung - Rabenden, Gemeinde Altenmarkt an der Alz © O. und F. Harl, Foto O. Harl 2004
Votivaltar mit Konsuldatierung © O. Harl 2004

Alle genannten Grabmaltypen gehörten zu Brandbestattungen. Die seit dem späteren 2. Jahrhundert aufkommende Körperbestattung scheint in NORICUM zunächst wenig gebräuchlich gewesen zu sein. es haben sich jedenfalls im Nordteil der Provinz bisher keine Sarkophage gefunden. Diese sind in den Nachbarprovinzen, allen voran in PANNONIEN, im 3. Jahrhundert die übliche Form des Grabmals für Mittel- und Oberschicht.

Was wir aus den Inschriften der Römersteine über die Gesellschaft von IUVAVUM erfahren

Altar für Bedaius © O. und F. Harl, Foto O. Harl 2004
Altar für Bedaius © O. Harl 2004

Interessant sind zunächst die Personennamen auf Votiv- und Grab-inschriften. In der römischen Gesellschaft gab es nicht nur soziale, sondern zuerst juristische Klassen, die sich in ihren Namensformen unterschieden. Römische Bürger, die in der Verwaltung einer Stadt amtieren, in einer Legion dienen, eine gültige Ehe schließen und legitime Kinder haben konnten, besaßen die tria nomina, zusammen-gesetzt aus praenomen/Vorname, gentile/Familienname und cognomen/Beiname. Letzterer diente zur Unterscheidung von gleichnamigen Familien-mitgliedern und konnte auf Inschriften auch weggelassen werden. Bei Frauen wird gewöhnlich gentile und cognomen angegeben, aber kein praenomen. Das gentile von Provinzbewohnern gibt oft Auskunft darüber, unter welchem Kaiser eine Familie bzw. ein Soldat – nach seinem Dienst bei einer Hilfstruppe – das Bürgerrecht erhalten hat. Sklaven bekamen das Bürgerrecht und zugleich den Familiennamen ihres ehemaligen Herren bei der Freilassung; zumindest in der ersten Generation werden sie durch den Zusatz libertus (liberta) des (Familienname des Herrn) gekennzeichnet. Ein griechisches cognomen ist in der Regel ebenfalls ein Hinweis auf Herkunft eines Freigelassenen.

Aus den Namen einiger Familien in IUVAVUM ist abzulesen, dass sie offenbar schon als römische Bürger aus Oberitalien zugezogen sind. Es handelt sich dabei um Angehörige von Handelshäusern, die an Stützpunkten an den wichtigen Alpenübergängen interessiert waren. Sie trieben gleichzeitig die Romanisierung der Provinz voran.

Meilenstein für Kaiser Septimius Severus und Caracalla © O. und H. Harl, Foto O. Harl 2004
Meilenstein für Kaiser Septimius Severus und Caracalla © O. Harl 2004

Personen, die nur einen Namen (sei er lateinisch oder einheimisch-keltisch) haben und allenfalls den Namen ihres Vaters im Genetiv anfügen, waren so genannte peregrini, also Fremde im römischen Reich. Sie arbeiteten als Bauern, Handwerker, Fuhrleute oder standen in den Diensten von Großgrundbesitzern. Damit sind wir bei einem profanen Thema, zu dem die Inschriften in NORICUM nur wenige Auskünfte geben. Die Hautevolée in IUVAVUM zählt ihre städtischen Ehrenämter auf, aber keinesfalls, womit sie ihr Geld verdient. Dass ein nicht unwesentlicher Teil ihres Reichtums aus dem Salzhandel stammte, darf vermutet werden. Ihren Beruf geben nur einige Verwalter (vilicus, actor) an, die landwirtschaftliche Betriebe und sonstige Geschäfte der hohen Herrschaften betreuten. Auch die vilica, die für das Funktionieren des Haushalts und dessen Personal zuständig war, wird zweimal genannt.

Vermutlich weil seine Profession so speziell war, wird die eines Mannes namens Profuturus in seiner Grabinschrift erwähnt; er war Fährtensucher (verstigiator) im Dienst einer der großen Familien IUVAVUMS. Aber im Allgemeinen fanden die einfachen Leute ihre Arbeit nicht erwähnenswert.

Militärs nennen dagegen stets ihren Rang. Sie treten aber nur selten auf, da NORICUM bis gegen Ende des 2. Jahrhunderts keine Legionsgarnison hatte und IUVAVUM selbst eine zivile Stadt ohne überregionale Verwaltungsaufgaben und weit entfernt von der Reichsgrenze war. Soldaten mit Sonderaufgaben (beneficiarii) überwachten die Straßen im Landbezirk und im 3. Jahrhundert bot die Legion in Enns auch jungen Männern aus IUVAVUM Aufstiegschancen.