Traunstein – Stadt

Broschüre:
Die im Jahr 2000 abgeschlossene Sanierung hat dem Stadtplatz vieles von seinem ursprünglichen Charakter zurückgegeben. © Stadtarchiv Traunstein
Die im Jahr 2000 abgeschlossene Sanierung hat dem Stadtplatz vieles von seinem ursprünglichen Charakter zurückgegeben. © Stadtarchiv Traunstein

Herz des Chiemgaus

Geschichte

Ungeachtet der Tatsache, dass die ältesten Salzburger Güterverzeichnisse schon um das Jahr 790 Besitzungen ad Trun nennen, wissen wir über Traunsteins Frühzeit wenig. Neue Grabungen erhärten zwar den bisher lediglich vermuteten Bezug zu den Herren de Truna, die von 1120 bis 1242 in Urkunden benachbarter Kloster aufscheinen; die Veste, die nachmalige Herzogsburg, war wohl ein (oder der) Sitz dieses Adelsgeschlechts.

Doch namentlich tritt Trauwenstain, die – übersetzt man das Grundwort „Stein“ in den heutigen Sprachgebrauch – „Burg an der Traun“, erst 1245 als officium (Amt) des Klosters Baumburg in das Licht der Geschichte. 30 Jahre später fällt der Salzburg zugehörige Chiemgau an Bayern, und mit ihm Trovnstein, nahe der Grenze zum Erzstift auf einer Anhöhe gelegen, von der aus man den Flussübergang der Straße Reichenhall-München kontrollieren konnte. 1275 verlegte der Herzog eine Mautstation nach Travnstain, das um 1300 als befestigte ‚Stadt’ mit Bürgern, Zoll und Salzhandelsprivilegien bezeichnet wird. Ein ‚Rat’ lässt sich ab 1314 nachweisen. Am Ende dieser Entwicklung stehen die 1375 von Herzog Friedrich verliehenen Stadtrechte. Pfarrsitz blieb das zwei Kilometer südlich gelegene Haslach; Sankt Oswald, 1342 erwähnt, war bis 1851 nur eine Filialkirche. 1493 wurden Straßen und Gassen gepflastert, 1510 schrieb eine neue Ratswahlordnung die Gliederung in zwei Kammern und das Amt des Bürgermeisters vor. Von den Gräueltaten des Dreißigjährigen Krieges blieb man verschont, doch im August 1635 raffte die Pest 117 Menschen, ein Zehntel der Gesamtbevölkerung, hinweg.

Traunstein im Inn-Salzach-Stil ‚am Vorabend´ des Brandes von 1851. © Stadtarchiv Traunstein
Traunstein im Inn-Salzach-Stil ‚am Vorabend´ des Brandes von 1851. © Stadtarchiv Traunstein

Marodierende Panduren verursachten 1704 im Verlauf des Spanischen Erbfolgekriegs den ersten Stadtbrand. Die Schäden waren beträchtlich, doch die eigentliche Katastrophe brach erst in der Nacht vom 25. zum 26. April 1851 über Traunstein herein, als 100 Bürgerhäuser und die Mehrzahl der öffentlichen Gebäude ein Raub der Flammen wurden. Dank vielfältiger Hilfen gelang der rasche Wiederaufbau.

Der nun einsetzende Aufschwung erhielt seinen entscheidenden Impuls 1860 mit der Eisenbahnlinie München-Salzburg. Die Einwohnerzahl wuchs von rund 2.200 (1805) auf 7.400 (1905). 1899 überflutete ein Jahrhunderthochwasser die tiefergelegenen Vororte. Im selben Jahr wurde die Auferstehungskirche der evangelischen Glaubensgemeinschaft geweiht.

Ein Stadtrat ersetzte 1919 das seit Jahrhunderten bestehende Zweikammersystem. Am 9. März 1933 wehte die Hakenkreuzfahne vom Rathaus, eine 1922 gegründete Ortsgruppe der NSDAP hatte den Boden für die Machtübernahme bereitet. Im November 1938 vertrieben die Nazis die jüdischen Mitbürger; die Stadt war „judenfrei“. 1939 hatte Traunstein 11.500 Einwohner; sechs Jahre später waren 523 von ihnen gefallen, 73 vermisst. Bombenangriffe zerstörten im April 1945 das Bahnhofsviertel, über 100 Menschen fanden den Tod. Am 3. Mai 1945 besetzten amerikanische Truppen die Stadt kampflos. In zahlreichen Lagern und Lazaretten waren Evakuierte, Flüchtlinge, Vertriebene und Verwundete untergebracht.

Die Kommunalwahlen am 27. Januar 1946 wiesen den Weg in die Demokratie, Schritt für Schritt gelang es, die Probleme der Nachkriegszeit zu lösen. Dem Bevölkerungsanstieg – von 11.700 im Jahr 1939 auf 14.600 – trug die bauliche Weiterentwicklung im Südwesten Rechnung. „Neu-Traunstein“ erhielt 1960 mit der Pfarrei Heilig- Kreuz einen kirchlichen Mittelpunkt. 1972 unterstellte die Gebietsreform das kreisfreie Traunstein dem Landkreis als „Große Kreisstadt“. Kammer und Hochberg wurden 1972, Haslach und Wolkersdorf 1978 eingemeindet.

Ortsbild

Fast alle wesentlichen Bauten, darunter der Lindlbrunnen (1526) und das Rathaus (1576), entstanden im 16. Jahrhundert. Hans Donauers Deckengemälde (Antiquarium der Münchner Residenz, um 1590) bietet eine erste verlässliche Gesamtansicht: Das Zentrum dominiert die Kirche. Eckpfeiler der Befestigung sind das Schaumburger Schloss (rechts), die Veste (links) sowie der untere und obere Turm. Vom Spitalviertel Heilig Geist führte die Straße über die lange Brukken durch den Vorberg und das Mauttor den Khniepaß hinauf zum unteren Stadttor. Den weiten Marktplatz begrenzten Sonn– und Schadtzeile. Auch zwei kleinere Ausgänge, im Norden das Brunntürl, im Süden an der Stelle des jetzigen Löwentors das Autürl, waren bewehrt. Ein fünfter Turm im Haseneck an der südwestlichen Ecke der Stadtmauer beherbergte das Gefängnis. Der Brand von 1704 veränderte das mittelalterliche Weichbild. Beide Schlösser und die Stadtmauer gab man dem Verfall preis. Traunstein nahm das Gepräge der Inn-Salzach-Städte an, mit Laubengängen, Erkern und hochgezogenen Feuermauern. Das malerische Ambiente fand 1851 mit dem zweiten Stadtbrand ein jähes Ende. Der Wiederaufbau erfolgte im zeitgemäßen Stil des Historismus, dem die ‚Erfordernisse der Moderne’ ab den 1960er Jahren bis in die Gegenwart deutliche Beeinträchtigungen zugefügt haben. Die 1999 abgeschlossene Umgestaltung hat dem Stadtplatz viel von seinem ursprünglichen Charakter zurückgegeben.

An bedeutenden Denkmälern sind das Heimathaus (Stadtmuseum), die Stadtpfarrkirche St. Oswald mit deutlichen Spuren der Graubündner Schule um Zucalli, Sciasca und Riva, die Salinenkapelle, ein markanter Zentralbau des Barock, die spätgotische Johanneskirche in Kammer, die Haslacher Pfarrkirche und ihre hervorragende Sammlung alter Epitaphe sowie die im Zuge der Ausdehnung der Stadt nach Westen entstandene Villenbebauung zu nennen.

Wirtschaft

Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war Salz der wichtigste Wirtschaftsfaktor. Traunstein war Umschlagplatz für den Transport des ‚weisen Goldes’ aus Reichenhall. Schon um 1350 werden eine Niederlage und ein „Salzhaus“ genannt. Nachdem der Landesherr 1587 den ertragreichen Salzhandel an sich gezogen hatte, erhielt die Stadt den bis dahin von den bürgerlichen Salzsendern erhobenen „Scheibenpfennig“ als staatlichen Zuschuss. Und 1619 nahm eine unmittelbar vor ihren Toren in der Au errichtete Saline den Betrieb auf. Von Reichenhall führte die Reiffenstuelsche ‚Pipeline’ die Sole „über das Gebirge“. Jährlich wurden bis zu 200.000 Zentner Salz hergestellt. Die letzte Sud war am 29. Juni 1912. Überregionale Bedeutung hatte auch die Schranne, der drittgrößte wöchentliche Getreidemarkt im Königreich. Aktuell präsentiert sich Traunstein als Verwaltungs- und Dienstleistungszentrum, Stadt der Behörden, Schulen und Gerichte, deren Wirtschaft mittelständische Handels-, Handwerks- und Gewerbebetriebe tragen, darunter noch drei private Brauereien.

Wappen

Das Stadtwappen zeigt in Schwarz zwei aus grünem Dreiberg wachsende, ausgebogene goldene Lilienstängel. Es entwickelte sich aus dem seit dem 14. Jahrhundert bezeugten städtischen Siegel. Während der Dreiberg auf das Grundwort „-stein“ verweist, waren die Lilien ursprünglich kleiner und erreichten erst seit dem 16. Jh. ihre heutige dominante Größe.

Aktuell

Seehöhe 600m, Fläche 48,53 km2, 18.729 Einwohner (2008), Regierungsbezirk Oberbayern, Landkreis Traunstein.
Das „Herz des Chiemgaus“ ist Anlaufstation für den Tourismus der Ferienregion mit dem Attribut „Vaterstadt“ Papst Benedikts XVI., der hier seine Jugend verbrachte und seit 2005 Ehrenbürger ist.
Der traditionelle Georgiritt am Ostermontag zieht Jahr für Jahr weit über zehntausend Besucher in seinen Bann.

Autor/in: Franz Haselbeck